Manchmal sagen Pausen mehr als tausend Worte

Das Powerpoint-Genau

Sprache
Von Markus Böhm
Adrian Hönig, Geschäftsführung der nova GmbH, ist ein SEO-Experte

„Ja, genau, also – mein Thema heute ist dieses ominöse Präsentations-Genau.“ Dieser Satz dürfte Zuhörende wohl kaum mitreißen – genauso wenig wie er für Spannung und Tränen im Publikum sorgt. Dennoch beherrschen solche oder ähnliche Formulierungen viele Präsentationen, die man im Leben so „genießen“ darf. Wieso wir das so machen? Weil wir es scheinbar nicht besser wissen. Bis jetzt. Denn dieser Blogbeitrag wird uns die Augen öffnen und dazu dienen, unnötige Platzhalter wie genau, ähm, sozusagen, im Grunde genommen, sprich oder – mein ehemals persönliches Laster – gewissermaßen zukünftig zu umgehen.

Genau! Ähm, wo fangen wir da an?

Zurück zur ursprünglichen Frage: wieso huschen uns diese Wörter und Laute so schnell über die Lippen? Das hat in der Tat mehrere Gründe. Da gibt es zum einen den Grund, für den wir überhaupt nichts können: Ja, wir denken schneller als wir sprechen. In der Floskel „erst denken, dann reden“ steckt also ein Quäntchen Wahrheit. Der Gedanke ist nun mal schneller als die Zunge. Studien sprechen von 1500 Wörtern, die uns in einer Minute durch das Hirn rasen, während man in der gleichen Zeit kaum auf 300 gesprochene Wörter kommt.
Nennen wir das den physiologischen Grund, aber viel schwerwiegender ist die psychologische Begründung: Mit einem ermutigenden Genau versuchen wir, uns selbst das Feedback zu erteilen, dass es gerade gut läuft. Dass Zuhörende schon verstehen, um was es geht und dass wir selbst als Redner:innen natürlich den totalen Durchblick haben – genau!
Und zu guter Letzt haben wir ein weiteres Motiv, wieso wir immer wieder verzweifelt zum Genau greifen. Denn wir können vieles, aber eines überhaupt nicht: Stille ertragen. So quasseln wir über jede mögliche Pause hinweg, setzen lieber ein Genau, bevor unsere Zuhörenden am Ende die Chance bekommen, durchzuatmen, das Gesagte sacken zu lassen und es im besten Falle sogar zu verstehen.

Problem erkannt. Wie sehen Lösungen aus?

Zunächst einmal sollte man viel mehr auf sich selbst vertrauen und einer umfassenden Vorbereitung ausreichend Zeit spendieren. Dann brauchen wir auch kein Genau, um uns selbst ein gutes Gefühl zu geben. Wir liefern qualitative Inhalte, die wir sorgsam zusammengestellt haben und auf die das Publikum gespannt ist.

Zudem könnte man dieses bekräftigende Genau einfach durch ein Ja ersetzen. Das wäre ein erster Schritt – aber Vorsicht: ein inflationär genutztes Ja nervt ähnlich schnell wie das Genau. Bedeutet: Wie so oft im Leben kommt es auf eine Prise Abwechslung an. Ein Ja könnte doch auch mal zu einem Auf jeden Fall werden, genauso wie ein Nein durch ein Keineswegs oder Nicht unbedingt ersetzt werden darf.

Doch die vielleicht stärkste Lösung – und wie könnte es leichter sein ­– wäre tatsächlich ein Nichts: Einfach eine Pause setzen und so richtig punkten! Zuhörende erhalten durch Pausen nämlich die Gelegenheit, sich zu sammeln, über wichtige Äußerungen nachzudenken und steigern folglich ihre Aufmerksamkeit und Konzentration. Zugleich wirkt die sprechende Person durch Pausensetzung deutlich kompetenter als genau- und ähm-Sagende.

Also: Macht aus einer Verlegenheit eine Tugend.

Bei ähm und genau spricht man übrigens von Verlegenheitslauten bzw. -wörtern. Verlegenheit deswegen, weil es uns peinlich ist, Stille zu ertragen. Als Sprechende nehmen wir diese als unangenehm wahr. Drei Sekunden fühlen sich wie schmerzhafte Minuten an. Doch ohne Pausen verschenkt man einiges an Wirkung. Bereits Mark Twain wusste: „Das richtige Wort mag effektiv sein, aber kein Wort war jemals so effektiv wie eine richtig gesetzte Pause.“ Es braucht Übung, um diese Stille zu ertragen. Doch achtet man in der nächsten Präsentation bewusst auf Pausen, ist ein erster Schritt getan.

Durch Pausen entsteht außerdem häufig eines: Spannung. Man klebt förmlich an den Lippen der sprechenden Person und wartet auf die inhaltliche Auflösung. Eine Pause – sie ist das vielleicht stärkste Mittel einer Rede.

Ähm, wie genau gehe ich aber gegen Ähms und Genaus vor?

Auch hier lautet die Antwort: Übung. Ein gutes Vorgehen wäre, die Präsentation vorab nicht nur laut vorzutragen, sondern sie aufzunehmen. Ja, es ist unangenehm, die eigene Stimme zu hören – doch man lernt viel über sich selbst und die eigenen Ähms und kann gezielt reagieren.

Außerdem: Prägnanz gewinnt! Werden kurze Sätze formuliert, verliert man weniger schnell den Faden, benötigt weniger Genaus und Ähms und die Chance ist höher, dass Informationen beim Publikum tatsächlich ankommen.

Und wenn alles nichts bringt? Dann hilft der Besuch eines Präsentationstrainings, bei dem man in kurzer Zeit schon enorme Fortschritte macht. Das durften wir bei nova schon öfters erleben. Denn regelmäßig veranstalten wir interne Präsentationsseminare, in denen die etwas Geübteren den Präsentationsneulingen Tipps an die Hand geben und gemeinsam das Sprechen vor Menschen trainieren. Fällt der Sprung ins kalte Wasser dabei zu Beginn noch schwer, ist es erstaunlich, welches Level Teilnehmende bereits nach einer Sitzung erreichen.

Ähms in bester Gesellschaft

Eine Prise Beruhigung noch zum Abschluss: Keine Sorge, auch den geübtesten Redner:innen rutscht mal ein Ähm über die Lippen. Wird dieses dabei aber nicht inflationär genutzt, ist das nicht weiter schlimm. Im Gegenteil: es kann sogar den Rhythmus des Vortrags mitgestalten, etwas Tempo aus der Info-Flut nehmen und den Zuhörenden Raum zum Durchatmen geben. Es ist also wieder einmal eine Frage der Dosis.

Und an genau dieser Stelle habe ich nun alles gesagt, was ich loswerden wollte, und darf nun eines machen – *pause* – : Schluss.

Markus Matt Konzepter
Markus BöhmTexter & Konzepter
Markus Matt Konzepter
Markus BöhmTexter & Konzepter